Freitag, 10. August 2012

Auf nach Cochabamba






Die zwei Wochen in Chile sind schon wieder um und jetzt geht auch mein erster Tag in Bolivien zu Ende. Ich fange mal von hinten an und zwar mit dem letzten Tag in Santiago, denn dieser war ziemlich chaotisch und wurde mit meiner Reise nach Bolivien nur noch chaotischer, aber was wär das auch für eine Reise, wenn alles klappen würdeJ
Tania und ich hatten vor Salsa tanzen zu gehen, mussten jedoch erst einmal Geld abheben, da wir kein Bargeld hatten. Wir waren eigentlich schon zu spät zum Kurs, jedoch darf man hier in Südamerika nicht damit rechnen, dass etwas pünktlich anfängt (manche werden sich jetzt vielleicht denken, dass das für mich nur von Vorteil sein kannJ)
Der erste Bankautomat war defekt und die nächsten zehn!!!(ungelogen) haben nicht funktioniert. Das ist hier nichts Ungewöhnliches, wenn die Automaten kein Bargeld haben, in diesem Fall tätigen die Securities einen Anruf und es werden wieder Scheine nachgelegt. Was jedoch seltsam war, war dass kein einziger Automat ging, jedoch war ich nicht die Einzige, die kein Bargeld abheben konnte, also habe ich mir keine Sorgen bezüglich meiner Karte gemacht. Aus Salsa wurde leider nichts mehr, da es bereits viel zu spät war, also auf in die nächste Bar, um den letzten Abend genießen zu können, was wir auch getan haben mit ein paar Caipis J Als es dann zum Zahlen ging, kam was kommen musste, meine Karte ging nicht! Also bin ich zusammen mit dem Barkeeper zu einem weiteren Automaten gelaufen, der jedoch auch kein Geld ausspucken wollte. Ich hatte zwar noch eine andere Kreditkarte, jedoch lag diese in meinem Portmonee bei Tania zu Hause, wo sie gut aufgehoben warJ. Nun saßen wir dort in der Bar ohne Geld und auch ohne Handy um eventuell jemanden anrufen zu können, blöd gelaufen. Tania war das ganze ziemlich unangenehm, ich konnte mir jedoch das Lachen nicht verkneifen, ich glaube die Caipis zeigten ihre WirkungJ Tania hat sich dann um 24 Uhr an einem Montag auf den Weg zu einer Freundin gemacht, um sich Geld zu leihen und ich bin als Pfand dort gebliebenJ Jeder Kellner, der an mir vorbeigegangen ist, konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Um mich herum wurde es immer leerer, bis kein einziger Mensch mehr in der Bar saß, nur noch ich - ohne Geld, ohne Handy und ohne eine Adresse von Tania. Ich hätte ja eh nicht hinkommen können, denn Laufen ist zu gefährlich und ein Taxi oder ähnliches hätte ich nicht zahlen können…also hieß es warten! Der Kellner hat sich dann zu mir gesetzt und mir Gesellschaft geleistet, was ganz nett war, ich glaube ich habe alles über sein Leben erfahren und das auf SpanischJ Als dann das Licht anging, habe ich mich schon ein wenig zurückgelassen gefühlt, aber Tania hätte mich niemals zurückgelassen und das hatte sie auch nicht, denn sie kam mit dem Geld zurück und hat uns freigekauftJ Haha... das zu unserem letzten Abend.
Gegen drei Uhr morgens waren wir zu Hause und in einer Stunde sollte mein Taxi kommen. Das einzige Problem war nur, dass ich immer noch kein Geld hatte. Leider hatte auch Tanias Mutter nichts, also musste ich einfach hoffen, dass der Fahrer erst am Ziel nach Geld verlangen würdeJ Ich konnte jedoch mit meiner anderen Kreditkarte zahlen - Glück gehabt. Also ging es angezogen wie eine Zwiebel (ich musste so viel anziehen wie es nur ging, da ich zu viel Gepäck hatte) ab in den Flieger nach La Paz. Welch ein entspanntes Gefühl jetzt einfach nur noch die Augen zumachen zu können. Dies ging jedoch nicht lange, da ich bei einem fünfstündigen Flug zwei Stopps hatte.
Der Flughafen in La Paz zählt mit 4061 Meter über dem Meeresspiegel zu den am höchsten gelegenen Flughäfen der Welt. Ich hatte daher ein wenig Sorge wegen der Höhenkrankheit (Symptome: Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Benommenheit, im schlimmsten Fall füllen sich die Lungen mit Gewebsflüssigkeit oder es kommt zu einer Hirnschwellung), aber bis auf ein mulmiges Gefühl im Bauch, das wohl eher auf die Cocktails zurückzuführen war, habe ich nichts gemerkt.
Nun hieß es ab in ein Taxi zum Busterminal und mit dem Bus nach Cochabamba, was sich als nicht so einfach herausgestellt hat, denn meine Kreditkarte hat auch hier nicht funktioniert. Nun stand ich bei gefühlten 30°C (in Santiago dagegen war es eiskalt) immer noch angezogen wie eine Zwiebel mit meinem Trekkingrucksack auf dem Rücken, meinem kleinen Rucksack auf der Brust und einem weiteren Koffer, meiner Kreditkarte, die nicht ging, einer Kreditkarte, zu der ich keine Pinnnummer hatte (kann auch nur mir passieren) ohne Handy und ohne jegliches Bargeld in La Paz. Die nette Dame am Infoschalter hatte mir geraten Geld in den Geschäften abzuheben, da ich hierfür ja keine Pinnnummer bräuchte, jedoch wollten die Verkäufer sich nicht darauf einlassen. Ich habe jeden einzelnen Schalter mit meiner Kreditkarte ausprobiert - es ging nichts, all meine Dokumente durchsucht, denn ich war mir sicher, dass ich meine Pinnnummer notiert hatte, aber auch hier Fehlanzeige. Auch meine Sparkassenkarte hatte ich ausprobiert - ohne Erfolg. Also nochmal zu der netten Dame, ihr könnt euch nicht vorstellen wie glücklich ich war spanisch sprechen zu können. Man darf auch nicht vergessen, dass es Südamerika und nicht Europa ist. Ich wurde schon über alle möglichen Tricks informiert, wie zum Beispiel über die von falschen Zivilpolizisten und deren Komplizen, also ein mulmiges Gefühl hatte ich schon. Die Dame am Schalter meinte nur noch sie wüsste nun auch nicht mehr weiter!!!!! Dann hatte sie Mitleid mit mir, hat mir Geld in die Hand gedrückt und meinte, ich solle mit dem nächsten Bus in die Stadt fahren und eine Bank aufsuchen. Ich mich also auf den Weg gemacht, am letzten Bankautomaten vorbei habe ich noch einmal meine Sparkassenkarte eingesetzt und es hat tatsächlich funktioniert!!!!!!!!!!! Nach einer Stunde verzweifeltem Herumirren hatte ich endlich Bargeld in der Hand, ich muss die Glücklichste am Flughafen gewesen seinJ Man muss einfach immer nur positiv denkenJ Der Taxifahrer wollte mich dann auch noch übers Ohr hauen und hatte natürlich mehr Geld verlangen wollen, aber ich hatte mich natürlich vorher informiert (so organisiert wie ich bin).
Der erste Eindruck von La Paz ist atemberaubend! Die Bauwerke der Stadt schmiegen sich an einen Abhang, während sich im Hintergrund der schneebedeckte Illimani erhebt. Zwischen La Paz und Santiago liegen Welten. Santiago erinnert mit seinen sehr vielen modernen Gebäuden und der Infrastruktur eher an Europa. In La Paz dagegen sieht man die Armut ganz schnell, Bolivien ist nun mal auch das ärmste Land Südamerikas. Man mag auch meinen, dass es hier keine Verkehrsregeln gibt. Das wichtigste an dem Auto ist die Hupe. Es ist auch nichts Ungewöhnliches um ein Haar einem Unfall zu entkommen. Daran muss man sich hier gewöhnen. Während der Taxifahrer telefoniert hat, habe ich mir mit Neugier alles angeschaut, was zu sehen war – neben dem starken Verkehr und seiner Abgase sieht man Frauen mit schwarzen langen Zöpfen und Rundhüten, gehüllt in bunte „mantas“, die am Straßenrand auf brodelnde Kochtöpfe aufpassen.
Am Busbahnhof brauchte ich nicht lange nach einem Bus zu suchen, denn die finden eher dichJ Man hört schon von weitem die Frauen schreien, die die Busfahrten anpreisen. Für eine acht Stunden lange Fahrt habe ich umgerechnet ca. 2,50 € gezahlt – unglaublich!!!! Als ich den Mann am Ticketschalter nach der Zeit gefragt habe, meinte er mein Bus würde in zwei Minuten abfahren. Ich wollte also ganz schnell mein Gepäck aufgeben und habe dann nur „tranquilo“ (ruhig) zu hören bekommen. Mir war dann auch klar warum, denn zwei südamerikanische Minuten hießen in dem Fall 30 deutsche Minuten, das sollte ich schon langsam raus habenJ. Da ich mich beeilt habe, konnte ich mir auch keine Handykarte kaufen, um in Cochabamba Bescheid zu sagen, wann ich abgeholt werden sollte…Auch hatte ich nichts zu essen oder zu trinken, war schon zehn Stunden unterwegs und acht weitere sollten folgen. Hier kann man sich auch nicht sicher sein, ob der Busfahrer Pausen macht – eine Toilette wäre auch nicht schlecht gewesen…
Als ich den Bus sah, wusste ich schon warum ich so wenig gezahlt hatte…
Das erste was mir im Bus auffiel, war ein ganz ungewöhnlicher Geruch. Als die Fahrt dann losging fingen die Fenster an zu klappern, aber ich durfte mich bei dem Preis nicht beschweren und wollte einfach nur heil ankommen. Im Bus gab es zwar einen Fernseher, aber wahrscheinlich war dieser nur Attrappe… Von der einen Seite dröhnte Musik aus einem Handy, von der anderen Seite Kindergeschrei und zwei Plätze weiter wurde geschnarcht, was das Zeug hielt und das die ganze FahrtJ Jedoch hatte ich einen sehr netten Sitznachbarn – Christian einen Arzt aus Cochabamba (er ist ein Jahr jünger als ich und arbeitet schon seit über einem Jahr als Arzt). Er meinte, wenn ich irgendwie Hilfe bräuchte, sollte ich einfach vorbeikommenJ Die Südamerikaner haben übrigens eine sehr enge Bindung zu ihren Müttern, das hatte ich auch gemerkt, denn seine Mama hatte während der Fahrt mindestens viermal angerufen und sich erkundigt ob alles ok ist, das hat mir nur noch mehr Sorgen bezüglich des Busses bereitet… Hier ist es auch sehr üblich, dass man bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr zu Hause wohnt.
Nach vier Stunden Busfahrt haben wir eine Pause eingelegt – TOILETTE! Das funktioniert hier jedoch anders als bei uns… Denn in dem WC standen große Kübel mit Wasser und gießkannenähnliche Behälter. Ich musste mir erst einmal bei den bolivianischen Frauen abgucken wie das System „Toilette“ funktionierte. Mit den Gießkannen wurde nämlich Wasser geschöpft, um abspülen zu können. Ein paar vorbereitete Blättchen Toilettenpapier habe ich von dem Mann im Holzhäuschen erhalten, bei dem ich umgerechnet 10 Cent zahlen musste. Im Nachhinein hatte ich jedoch erfahren, dass ich einen Fehler gemacht hatte, ich habe nämlich das Toilettenpapier in die Toilette geworfen und das darf man aufgrund von Verstopfungsgefahr nicht – ups. Dafür stehen kleine Eimer neben der Toilette, in die das Papier entsorgt wird, welche den Geruch in den Toiletten erklären.
Am Rastplatz (eine kleine Holzhütte mit Getränken und Süsswaren) gab es leider kein Telefon, jedoch hatte Christian sich eine Handykarte besorgt, damit ich anrufen konnte – so nett sind die BolivianerJ Er hatte mich auch mehrmals darauf hingewiesen, dass ich mich auf keinen Fall alleine am Busbahnhof in Cochabamba aufhalten sollte, da es eine der gefährlichsten Gegenden ist, insbesondere Nachts. Es war mittlerweile 7 Uhr und ca. vier Stunden Fahrt lagen noch vor uns… Auch Maria hatte mir am Telefon gesagt, dass sie auf jeden Fall auf mich warten werden, da es ansonsten zu gefährlich sei!
Die Menschen sind in ihrer Art sehr kontrovers, denn auf der einen Seite sind sie total entspannt und lassen es langsam angehen, aber im Straßenverkehr zeigen sie ein ganz anderes Gesicht. Weil der Busfahrer noch nicht im Bus war, fingen die Leute an „vamos“ (los geht’s) zu rufen, es wurde gepfiffen und geschimpft, dass er sich beeilen solle. Das ist hier wohl ganz normalJ
Nach einer langen holprigen, ungemütlichen Fahrt mit einem wunderschönen Sternenhimmel waren wir endlich in Cochabamba. Christian hatte mich im Busbahnhof begleitet, wo dann auch schon die anderen auf mich gewartet hatten. Danach ging es erst einmal zu Anne nach Hause, wo eine kleine Party gefeiert wurde und ich mit Wein und leckerem Essen empfangen wurde. Besser hätte die Begrüßung nicht sein könnenJ. Ich bin schon total gespannt was mich in dem Jahr erwartet! 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen