Bevor ich näher auf Marias
Abschiedsparty und den „gusano“ (Wurm), den ich essen musste, eingehe, werde
ich euch erst einmal etwas über Bolivien erzählen, damit ihr euch zumindest ein
bisschen mehr unter dem Leben in Bolivien vorstellen könnt. Für mich ist Vieles
schon Alltag geworden, deswegen versuche ich es mit den Augen zu betrachten,
mit denen ich es zu Beginn gesehen habe.
Bevor ich zu meinen persönlichen
Erfahrungen komme, erst einmal eine kleine Kurzinfo zu dem Land und den
Menschen. Bolivien hat knapp 10 Mio. Einwohner und ist ungefähr so groß wie
Spanien und Frankreich zusammen. Es gibt 36 verschiedene Sprachen, wobei
Spanisch, Quechua, Aymara und Guaraní zu den Wichtigsten zählen. Erst seit 1995
wird interkulturelle zweisprachige Erziehung (Unterricht in indigener und
spanischer Sprache) unterstützt.
Ca. 55% der Menschen gehören den
indigenen Völkern an, 30% sind Mestizen (Nachkommen europäisch-indianischer Eltern)
und die restliche Bevölkerung besteht aus Nachkommen verschiedener
Einkommenswellen des 2. Weltkrieges. Hinsichtlich des 2. Weltkrieges sind viele
Menschen informiert, haben jedoch nicht immer die richtigen Informationen, denn
es gibt einige die glauben, Hitler hätte Gutes vollbracht. Somit meinen sie es
auch nicht Böse, wenn sie hören, dass wir Deutsch sind und uns mit dem
Hitlergruß begrüßen. Als ein Mann erfahren hat, dass wir aus Deutschland
kommen, war er der Meinung wir müssten mit Hitler verwandt sein. Frauen vom
Land haben mich auch schon gefragt wie weit Deutschland weg ist bzw. wie viele
Stunden man mit dem Bus unterwegs wäre. Diesbezüglich muss man wissen, dass in
Südamerika die meisten Einheimischen mit dem Bus reisen, weil es die günstigste
Transportmöglichkeit ist, daher denke ich hat sie keine andere
Transportmöglichkeit in Erwägung gezogen. Obwohl die meisten Menschen hier mit
dem Bus unterwegs sind, weist Bolivien gravierende Mängel im Vergleich zu
anderen Weltregionen hinsichtlich der Infrastruktur auf und liegt auf dem
letzten Platz Südamerikas. Damit ihr euch das mal vorstellen könnt: bis 2001
waren ca. 5% der Straßen asphaltiert. Ich glaube mittlerweile sind es 8%. Die
meisten Menschen kommen hier aufgrund von Verkehrsunfällen um. Vor allem in der
Regenzeit sind die Busfahrten aufgrund von Schlammlawinen nicht ganz
ungefährlich.
Der Präsident Evo Morales ist der
erste indigene Präsident, ein Koka-Bauer. Er hat sich zu Beginn sehr für die
Bauern eingesetzt und war daher sehr beliebt, was sich mittlerweile aus
mehreren Gründen geändert hat. Ich kann an dieser Stelle nur das wiedergeben,
was ich von verschiedenen Menschen gehört habe. Zum einen soll er sich deswegen
unbeliebt gemacht haben, weil er die Kokainproduktion unterstützen soll. An
dieser Stelle muss ich sagen, dass das Kokain, welches hergestellt wird, kaum
für den Eigengebrauch der Bolivianer genutzt, sondern überwiegend nach Nordamerika
und Europa geschmuggelt wird. Dies scheint eine gute Einnahmequelle zu sein,
wenn man sich teilweise die Autos anschaut, die die Leute hier fahren. Das,
wovon die Bolivianer Gebrauch machen, sind die Kokablätter und das ist noch
längst keine Droge, wie manch einer glauben mag.
Koka gehört seit jeher zur
bolivianischen Kultur. Das Kauen der Blätter steigert die Wachsamkeit und
verringert die Wahrnehmung von Hunger, Kälte und Schmerz. Das unbehandelte
Blatt ist weder schädlich noch Sucht auslösend und soll Kalzium, Eisen und Vitamine
enthalten. Als es mir richtig schlecht ging, war Koka Tee das Einzige, was mir
geholfen hat. Als Kokain jedoch zu einer sehr
beliebten Droge in den USA wurde, hat die USA in den 90er Jahren Einsatzkräfte
der DEA nach Bolivien entsandt, um bei der Kokavernichtung zu helfen. Zudem
wurden Millionen Dollar „Entwicklungshilfe“ ins Land gepumpt, um den Anbau
anderer Nutzpflanzen zu fördern. Als sich dies jedoch als Fehlschlag erwies und
die Armut unter den Kokabauern anstieg, haben diese den Koka-Bau in andere
Gebiete verlagert. Danach gibt es einige Berichte über brutale Übergriffe und
Menschenrechtsverletzung der DEA gegenüber den Kokabauern. Evo Morales führte
den Widerstand gegen die Koka-Vernichtungspolitik. Nach seiner
Präsidentschaftswahl bekräftigte er mit seinem Slogan „Koka ja, Kokain nein“
den Ansatz, die Lösung des Kokainkonsums beim Konsumenten, nicht beim
Produzenten zu suchen.
An dieser Stelle – das Koka
Ritual:
Die Blätter werden nacheinander
von den Rippen gelöst und in die Backentasche gesteckt. Danach beginnt man sie
gut einzuspeicheln – sie werden nicht gekaut! Das Prozedere kann 45 Minuten
oder länger dauern. Eine interessante Erfahrung.
Ein anderer Grund warum sich Evo
Morales unbeliebt gemacht hat, ist ein umstrittenes Straßenbauprojekt durch
einen Nationalpark (jeder der mehr hierzu erfahren möchte, siehe Google).
Der Präsident war auch vor kurzem
in unserer Straße, da Gasleitungen verlegt worden sind. Es hieß, dass jeder
Anwohner, der nicht erscheint, eine Strafe zahlen muss…Sehr kreativ ist er auch
was seine Werbegeschenkte betrifft, zum Beispiel verschenkt er Laptops mit
seinem Gesicht darauf abgebildet.
Für die Bolivianer haben
freundliche Begrüßungen und Höflichkeiten einen hohen Stellenwert. Ein Gespräch
beginnt mit dem üblichen „buenos dias“ und einem „Cómo está?“. Zudem wird bei
fast allen Worten ein „-ito/a“ drangehangen, was einer Verniedlichung im
Deutschen entspricht. Was ich mag ist, dass die Mädchen hier als „mamita“ und
die Jungs als „papito“ angesprochen werden.
Die Bekleidung der Menschen
variiert extrem: von den Cholitas, den traditionell gekleideten Frauen bis zu
jenen, die dem jeweils neuesten Designertrend folgen.
Die Kleidung einer Cholita
besteht aus einer „pollera“ (Überrock) und bis zu zehn Unterröcken, was sie oft
übergewichtig „erscheinen“ lässt. Zudem trägt sie oft einen typischen Hut. Die Kleidung unterscheidet sich
in Länge, Stoff, Anzahl der Volants stark nach Region und finanzieller
Situation der Trägerin.
Die Cholitas aus La Paz zum Beispiel tragen längere Röcke, da es dort kälter ist und diesen für die Stadt typischen Hut.
Viele "cholitas" haben Goldzähne,
die nicht nur als modern sondern auch als Symbol des Wohlstands gelten. Der
neueste Trend ist es sich goldene Sterne auf die Zähne befestigen zu lassen.
Wir haben eine Frau im Projekt, die solche Sterne hat. Ich werde versuchen dies
zu fotografieren, um es euch demonstrieren zu können, vielleicht setze ich
damit einen Trend in Deutschland.
Der Lebensstandard der meisten
Bolivianer ist alarmierend niedrig: Schlechte Wohnbedingungen, unzureichende
Ernährung, wenig Aussichten auf eine gute Bildung und mangelhafte sanitäre und
Hygienebedingungen. Auf dem Land leben viele Menschen mit der ganzen Familie in
kleinen Hütten, die einem Zimmer entsprechen, teilweise keine Fenster oder
Türen eingebaut haben. Dächer, die aus Blech bestehen, das durch das Auflegen
von Steinen befestigt werden.
Meistens gibt es Gemeinschaftstoiletten und Duschen
ohne fließend Wasser. Gewaschen wird im Fluss. Für mich persönlich war es schon
eine große Umstellung das Toilettenpapier nicht in die Toilette zu werfen.
Nicht nur einmal musste ich danach „fischen“, da ich nicht verantwortlich sein
wollte für eine Verstopfung und das Überlaufen der Toilette. Im Vergleich zu
den meisten Menschen leben wir hier im Luxus. Wir wohnen zu viert in einem
großen Haus mit drei Badezimmern. Außerdem genießen wir den Luxus einer
Waschmaschine, bei der nur das abfließende Wasser mit dem Eimer geschöpft und
ausgegossen werden muss. Dies ist ein konstruktiver Einfall von Dennis (mein
Mitbewohner) und dient dazu die Erde in der Trockenzeit zu befeuchten. Eine
sehr „bescheidene“ Konstruktion meiner Meinung nach, vor allem wenn man es
vergisst und somit das ganze Zimmer überschwemmt –was mir nicht nur einmal
passiert ist, aber ich möchte mich auf keinen Fall beschweren!
Nun wieder zu den Gegensätzen wie
Arm und Reich. Die Lebensbedingungen, die ich oben beschrieben habe gelten
schon als sehr niedrig, jedoch geht es noch schlimmer. Es gibt etliche
Menschen, die gar kein Dach über dem Kopf haben und ums tägliche Überleben auf
der Straße kämpfen müssen. Hierzu zählen auch Kinder, die auf sich allein
gestellt sind. Bolivien ist nun mal das ärmste Land Südamerikas. Zu diesen
negativen Seiten Boliviens komme ich jedoch später. Auf der anderen Seite sind
die Reichen, oft Brasilianer, die es aufgrund der niedrigen Studiengebühren
nach Bolivien zieht. Ich habe zum Beispiel brasilianische Jungs kennengelernt,
die zu viert in einem riesigen Haus leben. Außer ihrem Swimming- und Whirlpool
besitzen sie eine Sauna und eine Bar im Garten. Zudem haben sie einen kleinen
Springbrunnen in ihrem Wintergarten. Ich glaube nach oben sind dem Reichtum
keine Grenzen gesetzt.
Zur Religion der Cochabambinos. 95% der Bevölkerung sind
katholisch. Die Einheimischen vermischen ihre traditionellen oder
Inkaglaubensvorstellungen mit christlichen zu einem Mix aus katholischen
Lehrsätzen und abergläubischen Vorstellungen.
Durch die Spanier kam auch die katholische Kirche ins Land.
Der Katholizismus wurde den Menschen Südamerikas aufgezwungen, jedoch wurde ihr
Glaube an die alten Götter nicht völlig ausgelöscht. So fanden viele der
Glaubenselemente und Göttervorstellungen Eingang in den Katholizismus.
Entstanden ist ein Mischglaube, in dem oft noch Magie und Geistergläubigkeit
eine Rolle spielen. Eine große Rolle spielen die Patronatsfesttage der
Kirchenheiligen, an denen aber auch Gottheiten geehrt werden. Während der eigentlich
christlichen Feste werden gleichzeitig alte Rituale und Opfer zelebriert.
In den letzten 30 Jahren haben die evangelikalen
(US-)Kirchen in Bolivien immer mehr an Einfluss gewonnen. Inzwischen gehören
sieben Prozent der Bevölkerung einer dieser als Sekten eingestuften
Glaubensgemeinschaften an. Der Erfolg der Sekten liegt unter anderem an der
vehementen Ablehnung von Alkohol, dessen Missbrauch vor allem auf dem Land ein
ernstes Problem ist. Doch da Alkohol zwingend zu den andinen Festen gehört,
grenzen sich die Anhänger der Sekten fast zwangsläufig aus den
Dorfgemeinschaften aus. Gleichzeitig lehnen die Evangelikalen auch die
Verehrung alter Gottheiten wie der Pachamama ab. Dies führt mancherorts zu
heftigen Auseinandersetzungen. So zerstören aufgebrachte Indígenas eine
evangelikale Dorfkirche, weil deren Mitglieder ein traditionelles Fest
boykottiert hatten, das die alten Götter wohlgesonnen stimmen sollte. Wegen
dieser Verweigerung, so hieß es, hätten die Götter die Ernte mit einem
Hagelsturm zerstört.
In manchen Andendörfern sind bereits die Hälfte der
Einwohner Anhänger der evangelikalen Kirchen. Hier, so fürchten
Kulturbeauftragte, werde über kurz oder lang die indigene Kultur mit ihren
Tänzen, Liedern und Trachten verloren gehen.
Ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit unserer Köchin, die
mir aus dem Nichts eine Postkarte vorlegte. Auf dieser Karte waren der Weg des
Todes und der Weg des Lebens abgebildet. Alle Menschen, die sich an den
traditionellen Festen erfreuen, tanzen und trinken, befinden sich auf dem Weg
des Todes. Daraufhin hab ich sie gefragt, ob ich mit dem Tanzen aufhören
müsste, um auf den Weg des Lebens zu gelangen. Sie meinte nicht von heute auf
morgen, aber ich könnte mich so dem Weg des Lebens annähern. Ein anderes
Beispiel hat sich ereignet, als wir die Kinder an einem Geburtstag geschminkt
haben. Ein Junge wollte als Spiderman bemalt werden. Nach einiger Zeit lief er
mit einem traurigen Gesicht herum. Als ich ihn fragte, was passiert sei, meinte
er ihm gefiele Spiderman nicht, obwohl er unbedingt so geschminkt werden
wollte. Herausgestellt hat sich, dass ihm seine Mutter sagte, er komme dafür
ihn die Hölle, weil Spiderman eine böse Figur sei. Beide Frauen gehören der
evangelikalen Kirche an.
Die Pachamama, die Mutter Erde spielt eine große Rolle in
Bolivien. Ob die Ernte gut ausfällt, die Viehzucht gelingt und die Familie
gesund bleibt, hängt von Segen Pachamamas ab. Dieser Glaube ist in der andinen
Bevölkerung bis heute erhalten geblieben. Bevor ein Bauer das Feld bestellt,
bittet er mit traditionellen Roten und Opfergaben die Mutter Erde um Verzeihung
für die Verletzungen, die er ihr zufügen wird. In Zeremonien streuen die Bauern
Cocablätter aus, vergraben Lamaföten und verbrennen das, was sie sich an
materiellen Gütern wünschen in Form von Miniaturen aus Zucker. Die Gaben sind
Ausdruck höchster Achtung und gleichzeitig ein Handel: Soll Pachamama ihren
Segen geben, so muss gut für sie gesorgt werden, denn sie ist nicht gnädig,
sondern gerecht.
Auf autochthonen Festen zum Beispiel (von denen es hier
nicht gerade Wenige gibt) wird der erste Schluck der Chicha der Pachamama
gewidmet. Chicha ist ein alkoholisches Getränk, das in der gesamten
Andenregion verbreitet ist. Es ist bierartig und wird aus Mais hergestellt. Bei
der traditionellen Form der Herstellung werden aus Maismehl gebackene Fladen
von Frauen durchgekaut, also mit viel Speichel durchtränkt. Die Stärke wird
durch im Speichel vorhandene Enzyme schnell in Zucker verwandelt, dessen Lösung
dann leicht in Gärung übergeht. Manchmal ist es besser nicht alles zu
wissen…
Chicha wird in diesen Eimern serviert...
und normalerweise mit Hilfe einer Kokosschale, aus der alle trinken, geschöpft. Bevor man jedoch trinkt, muss man jemanden einladen, der im Anschluss trinkt. Anschließend "schüttet" man zu Ehren der Pachamama einen Schluck auf den Boden und trinkt dann. Vergisst man jemanden einzuladen, muss man noch einmal trinken.
Hierzu mal wieder ein Kontrast.
Die Bolivianer verehren die Mutter Erde, viele werfen jedoch wiederum ihren
Müll auf den Boden. Auch ist es nicht unüblich seinen Müll zu verbrennen.
Die Umweltverschmutzung liegt zum
einen an der fehlenden Umwelterziehung. Zum anderen gibt es in manchen
Stadtgebieten kaum Mülleimer oder völlig Überfüllte. Die Häufigkeit des
Vorkommens von Mülleimern bezieht sich darauf, ob man sich in einem armen oder wohlhabenderen
Stadtviertel befindet.
Bolivien ist stark in Traditionen
verwurzelt, unter anderem was die Musik und die Tänze betrifft. Trotz
zahlreicher kunterbunter Einflüsse hat jede Region Boliviens ihren eigenen
musikalischen Stil samt den dazugehörigen Musikinstrumenten entwickelt. Ich fühl
mich im Reggaeton-Genre heimisch.
Bei den traditionellen Tänzen
werden Krieg, Fruchtbarkeit, Tapferkeit bei der Jagd, Heirat und Arbeit
zelebriert. Die europäischen Tänze der Spanier vermischten sich mit denen der
afrikanischen Sklaven und entwickelten sich so zu den Festtänzen des heutigen
Boliviens. Dazu zählt auch Caporales.
Caporales wird überwiegend von
Studenten und jungen Leuten der Mittelschicht getanzt. Der Tanz porträtiert den
schwarzen Vorarbeiter, der seine Untergebenen mit der Peitsche schikaniert.
Wenn wir schon mal beim Thema
sind, kommen wir nun zum Feiern. Ein ganz wichtiges Thema in Bolivien. Auch der
Lonely Planet sagt: „Den Besucher erwartet ein aktives Nachtleben, das die
Stadt ihren Universitäten und deren Studenten verdankt“. Neben den modernen
Diskotheken, in denen High Heels ein Muss sind, gibt es dann die Dorffeste, die
es in sich haben. In
jedem Dorf gibt es eine „entrada“, bei denen die Jungfrau Maria oder ein
anderer heiliger geehrt wird. Es wird oft mehrere Tage gefeiert, getanzt und
getrunken. Es gibt unzählige Tanzgruppen, die durch die Straßen der Stadt
ziehen, mit unterschiedlichen Tänzen, Kostümen und verschiedener Musik. Das
liebe ich an diesem Land. Tanzen gehört einfach zum Leben dazu.
Zum Schluss der Entrada ist eine Menge an Polizisten hinterhergezogen. Genau wie bei den Tanzgruppen haben die Zuschauer „tanzt“ zugerufen und geklatscht. Dies gilt als Spot den Polizisten gegenüber, da sie in Bolivien nicht allzu beliebt sind, denn Korruption wird hier groß geschrieben. Um mal ein Beispiel zu nennen: Ich bin letztens in dem Auto eines Freundes mitgefahren, der beim Rückfahrersitz gefärbte Scheiben hat. Aufgrund dessen hat die Polizei ihn angehalten. Für mich war dies erst einmal unverständlich, denn schließlich sind es nur schwarze Scheiben und so aufgemotzte Auto, wie hier rumfahren, hab ich noch nie gesehen, von der Beleuchtung her sehen die aus wie die Geräte auf der Kirmes. Leider habe ich es noch nicht geschafft dies mit der Kamera festzuhalten. Auf jeden Fall hat er der Polizei dann ein wenig Geld in die Hand gedrückt und weg waren sie, so werden hier die Probleme gelöst – mit Geld. Im Nachhinein habe ich dann auch erfahren, warum verdunkelte Scheiben verboten sind und zwar aus Sicherheitsgründen. Denn auf diese Art und Weise könnte man Menschen auf der Rückbank misshandeln oder Drogen verstecken ohne dass es jemandem auffallen würde. Wenn es zu einem Unfall kommt (mich wundert es, dass ich, bei diesem Fahrstil, der hier üblich ist, noch keinen Unfall gesehen habe) wird die Polizei nicht alarmiert, denn dies ist sehr kostspielig.
Hier kann man bei Rot über die
Ampel gehen, mit der ganzen Familie gesamt einem Kleinkind auf dem Motorrad
fahren und die Polizei sagt nichts, außer sie brauchen mal wieder ein bisschen
Kleingeld, so wurde es mir zumindest gesagt. Als wir zu dritt auf einem
Motorrad gefahren sind – ohne Helm und ein Polizist neben und stand, meinte er
nur das Motorrad sei nicht für drei Personen geeignet, aber das war es auch
schon. Es ist immer wieder ein Abenteuer mit dem Motorrad durch Cochabamba zu
cruisen. Überwiegend ist man hier jedoch mit Kleinbussen „trufis“ unterwegs.
Außer in der Stadt gibt es keine festgelegten Haltestellen, das heißt man braucht nur seine Hand an einem vorbeikommenden "trufi" auszustrecken und er hält an. Am Anfang war es gar nicht so einfach mir zu merken wo ich aussteigen muss, denn es gibt ja weder Haltestellen noch werden Straßennamen angesagt. Das mit den Straßennamen ist hier auch so eine Sache, denn die gibt es nicht wirklich immer. Hier orientiert man sich an zwei kreuzenden Hauptstraßen. Es gibt auch keine bestimmten Zeiten an denen ein "trufi" kommt. Manchmal kommt eine Viertelstunde lang einfach keiner und manchmal drei hintereinander. Dennoch gibt es eine Kontrolle, ob die Fahrer ihre Zeiten einhalten und zwar ist dies eine "cholita" am Straßenrand. Sie nimmt die Karte des Fahrers entgegen und stempelt sie ab. Eine Fahrt zur Arbeit, die ca. 15 Minuten dauert kostet mich etwa 20 Cent. Die "trufis" fahren jedoch nur bis ca. 10 Uhr, danach muss man ein Taxi nehmen. Das ist hier auch eine interessante Sache. Denn im Grunde kann jeder ein Taxi fahren, er braucht sich nur ein Schild oder einen Aufkleber ins Auto zu kleben. Von diesen Taxen wird einem jedoch abgeraten, da es schon häufiger zu Überfällen gekommen ist. Wir fahren immer mit den Radio Taxis, die für eine Zentrale arbeiten. Diese erkennt man an der Telefonnummer an der Fahrzeugtür. Die Taxifahrer nehmen so viele Personen mit wie in das Auto passen. Also ich glaube mein bisheriges Maximum lag bei 11 erwachsenen Personen. Der Kofferraum bietet schließlich noch genügend Raum, der genutzt werden kann.
Ganz interessant ist es auch als Fußgänger, denn ich habe in ganz Cochabamba bisher eine Fußgängerampel gesehen. Das heißt als Fußgänger muss man sich an den Ampeln der Autos orientieren und diesbezüglich sollte man sehr aufmerksam sein, denn die Autofahrer treten nicht grundlos auf die Bremse und ein Fußgänger ist kein Grund, also wenn sich ein Auto nähert, heißt es Laufen. Eine rote Ampel ist auch kein Grund zu bremsen, wenn kein Auto in Sicht ist.
Außer in der Stadt gibt es keine festgelegten Haltestellen, das heißt man braucht nur seine Hand an einem vorbeikommenden "trufi" auszustrecken und er hält an. Am Anfang war es gar nicht so einfach mir zu merken wo ich aussteigen muss, denn es gibt ja weder Haltestellen noch werden Straßennamen angesagt. Das mit den Straßennamen ist hier auch so eine Sache, denn die gibt es nicht wirklich immer. Hier orientiert man sich an zwei kreuzenden Hauptstraßen. Es gibt auch keine bestimmten Zeiten an denen ein "trufi" kommt. Manchmal kommt eine Viertelstunde lang einfach keiner und manchmal drei hintereinander. Dennoch gibt es eine Kontrolle, ob die Fahrer ihre Zeiten einhalten und zwar ist dies eine "cholita" am Straßenrand. Sie nimmt die Karte des Fahrers entgegen und stempelt sie ab. Eine Fahrt zur Arbeit, die ca. 15 Minuten dauert kostet mich etwa 20 Cent. Die "trufis" fahren jedoch nur bis ca. 10 Uhr, danach muss man ein Taxi nehmen. Das ist hier auch eine interessante Sache. Denn im Grunde kann jeder ein Taxi fahren, er braucht sich nur ein Schild oder einen Aufkleber ins Auto zu kleben. Von diesen Taxen wird einem jedoch abgeraten, da es schon häufiger zu Überfällen gekommen ist. Wir fahren immer mit den Radio Taxis, die für eine Zentrale arbeiten. Diese erkennt man an der Telefonnummer an der Fahrzeugtür. Die Taxifahrer nehmen so viele Personen mit wie in das Auto passen. Also ich glaube mein bisheriges Maximum lag bei 11 erwachsenen Personen. Der Kofferraum bietet schließlich noch genügend Raum, der genutzt werden kann.
Ganz interessant ist es auch als Fußgänger, denn ich habe in ganz Cochabamba bisher eine Fußgängerampel gesehen. Das heißt als Fußgänger muss man sich an den Ampeln der Autos orientieren und diesbezüglich sollte man sehr aufmerksam sein, denn die Autofahrer treten nicht grundlos auf die Bremse und ein Fußgänger ist kein Grund, also wenn sich ein Auto nähert, heißt es Laufen. Eine rote Ampel ist auch kein Grund zu bremsen, wenn kein Auto in Sicht ist.
Hat man sich irgendwann verlaufen
und fragt einen Bolivianer nach dem Weg, weiß er immer eine Antwort, auch wenn
es nicht die Richtige ist.
Kommen wir zu einem weiteren
Kontrast Boliviens. Die meisten Menschen hier sind prüde, zum Beispiel ziehen
sie sich nicht voreinander um, stillen jedoch ihre Kinder in der Öffentlichkeit.
Eine Verkäuferin hatte zum Beispiel während ihrer Arbeit ihr Kind gestillt.
Beim Bezahlen hat sie es kurz auf ihren Schoß gelegt und ihre Brust hing
raus, was ihr nichts auszumachen schien. Geht man dann aber in ein Schwimmbad
sieht man kaum eine Bolivianerin in einem Bikini, sondern in Shorts und einem
Shirt. Diejenigen, die die Bikinis tragen, sind meistens die Brasilianer.
Die Kindern werden auch einfach auf
der Straße gewickelt und nicht selten sieht man eine Cholita am Straßenrand
ihren Rock hochheben, um sich mal schnell zu entleeren.
Viele Kinder helfen jedoch auch
beim Arbeiten mit.
Kinderarbeit ist keine Seltenheit in Bolivien. Die Kinder laufen meistens nachts durch die Bars und verkaufen Zigaretten, Süßigkeiten etc. Auch werden sie oft von den Eltern zum Betteln geschickt, da sie wohl mehr Geld einnehmen. Die meisten von diesen Kindern, gehen nicht mehr zur Schule und sind nicht älter als 12, eher noch jünger. Zwar gibt es hier eine Schulpflicht, jedoch wird dies nicht weiter kontrolliert, ich glaube aus Mangel an Personal und Mitteln. Viele von ihnen putzen an den Ampeln auch die Autoscheiben für ein bisschen Kleingeld oder führen Kunststücke während der roten Ampelphasen auf. An einer Kreuzung gibt es zum Beispiel kleine Jungs, die sich Pappkartons mit ausgeschnittenen Gesichtern überziehen und abends tanzen. Für mich ein ganz trauriges Bild, für sie überlebensnotwendig.
Zum Einkaufen gehen die meisten
Cochabambinos auf die Cancha. Cancha heißt einfach nur Sport- oder Fußballplatz,
jedoch so riesig, dass ich mich wahrscheinlich niemals orientieren werden kann.
Das Gute ist, dass sich immer dieselbe Ware in einer Straße befindet, zum
Beispiel gibt es eine Straße nur mit Friseurläden oder eine, in der man nur
Schuhe kaufen kann. Hier kaufen die Einheimischen vom Schraubenschlüssel bis zur Unterwäsche alles ein, was sie brauchen. Rund um die Cancha herrschen beständiges Chaos und Lärm. Die Mischung aus hupenden Autos, ausrufenden Händlern und der ohrenbetäubenden Musik von den Ständen, an denen Musikkassetten und CDs verkauft werden, machen eine Besuch dieser Ecke Cochabambas zu einem Erlebnis.
...normalerweise ist dies die Aufgabe der Männer, während die Frauen verkaufen.
Für Ausländer ist es nicht unbedingt ratsam Fleisch von der "cancha" zu kaufen, da die hygienischen Bedingungen alles andere als ideal sind. Man sollte erst einmal seinen Magen daran gewöhnen. Was sehr zu empfehlen ist, sind "anticuchos" (Rinderherzen) und die schmecken "auf der Straße" einfach überragend. Es gibt aber auch andere Spezialitäten, wie zum Beispiel Innereien, Zunge und Euter. Diese schmecken besser, wenn man nicht weiß, was man isst. Zu den weiteren Spezialitäten gehören Meerschweinchen. Dazu kann ich jedoch noch nichts sagen...
...hier gibt es einen halben Liter frisch gepressten Orangensaft für weniger als einen Euro.
...lecker Schweinefuß
Es gibt auch einen Bereich, in
dem gestohlene Ware verkauft wird. Wurde einem also etwas geklaut, könnte man
es sich theoretisch wiederkaufenJ,
jedoch sollte man nur in Begleitung eines Bolivianers hingehen, da es nicht
ungefährlich ist. Braucht man nur eine Kleinigkeit und möchte dafür nicht auf
die Cancha gehen, geht man in eine „tienda“ (kleiner Einkaufsladen) von denen es etliche gibt.
Die "tiendas" sind meistens geschlossen. Wenn jemand etwas kaufen
möchte klingelt oder ruft er nach der Verkäuferin, so müssen sich diese nicht die ganze Zeit in der "tienda" aufhalten.
Begegnung mit Armut, Leid und Krankheit - die Schattenseiten Boliviens
Ich bin noch nie so viel Armut
begegnet wie in Bolivien. Es
gibt unglaublich viele Menschen, sowohl Erwachsene als auch Kinder, die auf der
Straße leben und um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen. Noch schlimmer ist
das Bild eines Kindes, welches an seinem Kleber schnüffelt - "inhaladores de clefa" oder "cleferos".
Kleber lässt Hunger
und Durst vergessen, so dass selbst manche Mütter aus Geldmangel ihre
Kleinkinder am Kleber schnüffeln lassen.
Ich habe bereits mit mehreren Leuten
darüber gesprochen und es scheint wohl sehr schwierig zu sein, "cleferos" vom
Schnüffeln und der Straße wegzubringen. Ich möchte hinsichtlich dessen gerne
eigene Erfahrungen machen und mehr über das Leben auf der Straße lernen.
Die "clefereos" erreichen oft nur das Jugendalter, da sie aufgrund der Nebenwirkungen des Klebers relativ früh sterben.
Vor kurzem habe ich drei kleine
Kinder auf der Straße sitzen sehen, die Fernsehen vor einer Videothek geschaut
haben. Als ich dann in ihre Gesichter schaute, hielten sie sich alle ihre Kleberdosen
unter die Nase. Anscheinend ein alltägliches Bild für die Bolivianer. Als ich
abends wieder an dieser Videothek vorbeilief, lag einer der Jungs, ca. 10 Jahre
alt, mitten auf dem Gehweg und zeigte keine Reaktion. Die Menschen sind an ihm
vorbeigelaufen, haben ihn angeschaut und dabei blieb es. Ich
wusste in dem Moment nicht was ich tun sollte, denn ich selbst habe gelernt den
Menschen zu misstrauen, denn jede Situation könnte eine Falle
sein. Für mich ein sehr trauriges Menschenbild, was aber leider sehr oft der
Realität entspricht, zumindest in Bolivien. Ich bin erst einmal stehen
geblieben und habe geschaut ob er atmet. Der Oberkörper bewegte sich. Dann bin
ich zu einem Bolivianer gegangen und habe gefragt, ob man denn nicht irgendetwas
tun könne. Er meinte daraufhin: „Wenn du dich dazu aufraffen kannst?“ Ich bin
also zu dem Jungen hin und habe versucht ihn aufzuwecken. Das Erste was er tat,
war in seine Taschen zu greifen, vermutlich um zu überprüfen, ob er sein Hab
und Gut noch habe. Seine darauffolgende Reaktion war das Herausholen seiner
Kleberdose. Daraufhin kamen direkt Freunde von ihm, die nur zu mir meinten, er
sei ein „clefero“. Diese schlafen irgendwo ein und manchmal wachen sie einfach
nicht mehr auf, weil sie sich durch das Schnüffeln das gesamte Nervensystem
zerstören. Ich möchte verstehen können, warum diese Kinder es bevorzugen auf
der Straße zu leben als in einem Heim untergebracht zu sein. Was andere mir
berichtet haben, ist dass sie sich nicht an die Regeln halten wollen, die es in
einem Heim gibt und mit dem Freiheitsentzug nicht zurechtkommen. Durch meine
Arbeit in Deutschland habe ich gelernt, dass es oft die Freunde auf der Straße
sind, die die Menschen dort halten, denn diese sind zu ihrer Familie geworden -
die Einzige die sie haben. Ich möchte jedoch selbst erfahren, was die Menschen
hier zu diesem Leben bewegt.
die Plaza San Sebastian
Wenn sie nicht auf der Straße schlafen, hausen sie in solchen "Hütten" und meist inmitten von großen Müllbergen.
Ist es zu erneuten Verbrechen von seiten der "inhaladores de clefa" gekommen, führt die Polizei eine ihrer "Aufräumaktionen" durch und wenn es sein muss auch mit Gewalt. Die "inhaladores de clefa" werden an einen anderen Ort gebracht. Um der Gewalt vonseiten der Polizei zu entkommen, können sie diese in Form von Geld und anderen Wertgegenständen bezahlen, bei den Mädchen dagegen gibt es andere Zahlungsmittel. Dies ist doch eine sinnvolle Art und Weise die Stadt zu "säubern". In Brasilien gehen die Polizisten in die Favelas und töten die Menschen, um die Anzahl dieser zu verringern. Da haben die "inhaladores de clefa" in Bolivien noch Glück gehabt. Zwar erfahren sie Gewalt, kommen jedoch noch mit ihrem Leben davon. Man wird hier mit Dingen konfrontiert, bei denen man nicht glauben möchte, dass sie wahr sind und es gibt noch vieles von dem man/ ich nichts weiß oder vor denen man die Augen verschließt, weil es zum einen einfacher ist, sich damit nicht auseinandersetzen zu müssen und man zum anderen auch einfach machtlos ist.
Kinderarbeit ist ein großes Thema
in Bolivien. Ich werde nie einen Text vergessen, in dem Kinder sich darüber
beschwert haben, dass zum Beispiel die Europäer sie vom Arbeiten abhalten
wollen. Schließlich bräuchten sie die Arbeit für ihr tägliches Überleben, denn
Schulbücher ließen sich nicht essen. Nie zuvor habe ich es aus dieser Sichtweise
betrachtet. Wir Europäer meinen vieles besser zu wissen, versetzen uns jedoch
nicht intensiv genug in die Menschen hinein. Ich kann mir sehr gut vorstellen,
dass die Kinder es bevorzugen würden in die Schule zu gehen, was jedoch
finanziell einfach nicht möglich ist. Leider ist es Realität, dass sei bereits
in sehr jungen Jahren selbst Geld verdienen müssen, um die Familie mit zu ernähren.
Ein Teufelskreis, denn ohne Bildung werden die Menschen nicht aus der Armut
herauskommen. Leider muss man sich dessen bewusst sein, dass die Kinder
meistens dieselbe Zukunft erwartet wie ihre Eltern.
Was sehr traurig ist, ist die
Tatsache, dass viele, die auf der Straße leben, Kinder kriegen, um diese zum
Betteln zu schicken. Denn Kinder verdienen beim Betteln mehr Geld als
Erwachsene. Dies ist etwas was mir unser Psychologe gesagt hat. Kinder sind für
viele Objekte, die ersetzbar sind. Sie dienen zum Betteln bis zum fünften
Lebensjahr ungefähr, danach werden sie verkauft. Dies darf man natürlich unter
keinen Umständen verallgemeinern. Manch einer mag sich nun fragen, was mit den
Kindern geschieht. Ich weiß nicht, ob ich das genau wissen möchte oder kann,
aber Organhandel zum Beispiel wird hier großgeschrieben. Jährlich verschwinden
etliche Kinder aus diesem Grund. Und nun kommt wieder etwas für mich Grausames.
Wo lässt sich wohl am besten Geld mit Organen verdienen? In den westlichen
Ländern natürlich. Manchmal wachen die Kinder auf und haben Narben an ihrem
Körper. Dann haben sie noch Glück gehabt, denn viele erblicken nie wieder das
Tageslicht. Auch Frauenhandel wird zu einem immer größerem Thema. Kommen wir zum
Thema Prostitution. Für Minderjährige ist es verboten sich zu prostituieren,
jedoch findet man nicht selten junge Mädchen, die ihren Körper anbieten. Oft
gelangen sie über eine Freundin in diese Branche. Vor ein paar Tagen noch sind
wir während der Arbeit am Busbahnhof einem jungen Mädchen begegnet, das mit
einer anderen Prostituierten am Straßenstrich saß. Man sieht es den Mädchen
meistens an, ob sie neu sind in der Branche oder nicht, zudem kennt unser
Psychologe fast alle, die am Terminal arbeiten. Ziemlich zu Beginn hat dieses Mädchen gesagt, dass sie EIGENTLICH Süßigkeiten verkauft. Welch ein Kontrast – Süßigkeiten
verkaufen und Kinderstrich. Beim genaueren Hinsehen sind einem jedoch sofort
ihre Liebesmahle aufgefallen. Unser Psychologe hat sie versucht dazu zu bringen
bei uns im Projekt vorbeizukommen - bei dem Versuch ist es jedoch geblieben,
denn sie kam nicht. Das Traurige an der Kinderprostitution ist, dass niemand
etwas dagegen tut. Unser Psychologe hat wegen eines anderen Mädchens beim Jugendamt
angerufen, ihre Antwort - sie würden sich melden. Der Rückruf kam nie und das
kam nicht nur einmal vor.
Nicht selten erlebt man Leid, was
die Kinder im Projekt angeht. Ein ganz großes und alltägliches Thema ist Gewalt.
En Bolivia, vivimos rodeados de violencia. Esta violencia le cuesta al país 1700 millones de dólares al año: una cantidad que supera ampliamente la suma de lo invertido en educación y en salud. Con más de 55 muertes violentas por cada 100 mil habitantes al año, el país está, desde hace varios años, en la lista de los más violentos del continente.
"In Bolivien leben wir umgeben von Gewalt. Diese Gewalt kostet das Land knapp 1700 Millionen Dollar im Jahr: Ein Betrag, der über dem liegt, der in Bildung und Gesundheit investiert wird. Mit mehr als 55 Toten pro 100 Millionen Einwohner im Jahr - durch Einwirkung von Gewalt, ist dieses Land seit einigen Jahren in der Liste der gewalttätigsten Länder des Kontinentes."
Una mirada atenta nos permitirá reconocer que la violencia está en todas partes y se expresa de formas distintas: – algunas de ellas muy sutiles – en la familia, en las iglesias, en los ambientes laborales, en la calle, en los estadios, en las aulas y en los supermercados.
"Ein aufmerksamer Blick lässt uns erkennen, dass Gewalt in den unterschiedlichsten Formen und an allen möglichen Orten vorhanden ist - in der Kirche, auf der Arbeit, in der Straße, im Stadion, im Klassenzimmer, in den Supermärkten und in Familien."
Ich bin zuvor noch nie mit so viel Gewalt in Familien konfrontiert worden, wie hier. So ziemlich in meinen ersten Tagen, als ich noch weniger Spanisch konnte, kam ein Junge zu mir und zeigte mir seinen Gürtel. Ich dachte mir dieser wäre vielleicht neu und er wolle ihn mir stolz präsentieren, was Kinder ja gerne tun. Ganz im Gegenteil. Denn er wollte mir sagen, dass ihn seine Mama damit ins Gesicht geschlagen habe. Anschließend hat er einen anderen Jungen gefragt, ob seine Mama auch so böse sei. Dieser hatte mit „Ja“ geantwortet. Auch er kam eines Tages mit unheimlich vielen Beulen auf dem Kopf, Kratzern im Gesicht und blauen Flecken am Körper in den Kindergarten – nachdem er sowieso schon mehr als eine Woche nicht erschienen ist. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie er vorher ausgesehen haben mag. Auf die Frage hin, wer ihm das angetan habe, sagte er seine Schwester. Seine Schwester ist fünf Jahre alt. Im weiteren Gespräch hat sich herausgestellt, dass es der betrunkene Freund seiner Mutter gewesen ist. Gewalt scheint jedoch für viele Frauen kein Trennungsgrund zu sein. Nicht selten sieht man Frauen mit Hämatomen, ausgeschlagenen Zähnen oder blutigen Wunden in Gesicht und Körper. Ich weiß nicht was es genau ist, was sie an ihren gewalttätigen Partnern hält. Hinsichtlich dessen erfahren sie jedoch jegliche Unterstützung in unserem Projekt.
En Bolivia, vivimos rodeados de violencia. Esta violencia le cuesta al país 1700 millones de dólares al año: una cantidad que supera ampliamente la suma de lo invertido en educación y en salud. Con más de 55 muertes violentas por cada 100 mil habitantes al año, el país está, desde hace varios años, en la lista de los más violentos del continente.
"In Bolivien leben wir umgeben von Gewalt. Diese Gewalt kostet das Land knapp 1700 Millionen Dollar im Jahr: Ein Betrag, der über dem liegt, der in Bildung und Gesundheit investiert wird. Mit mehr als 55 Toten pro 100 Millionen Einwohner im Jahr - durch Einwirkung von Gewalt, ist dieses Land seit einigen Jahren in der Liste der gewalttätigsten Länder des Kontinentes."
Una mirada atenta nos permitirá reconocer que la violencia está en todas partes y se expresa de formas distintas: – algunas de ellas muy sutiles – en la familia, en las iglesias, en los ambientes laborales, en la calle, en los estadios, en las aulas y en los supermercados.
"Ein aufmerksamer Blick lässt uns erkennen, dass Gewalt in den unterschiedlichsten Formen und an allen möglichen Orten vorhanden ist - in der Kirche, auf der Arbeit, in der Straße, im Stadion, im Klassenzimmer, in den Supermärkten und in Familien."
Ich bin zuvor noch nie mit so viel Gewalt in Familien konfrontiert worden, wie hier. So ziemlich in meinen ersten Tagen, als ich noch weniger Spanisch konnte, kam ein Junge zu mir und zeigte mir seinen Gürtel. Ich dachte mir dieser wäre vielleicht neu und er wolle ihn mir stolz präsentieren, was Kinder ja gerne tun. Ganz im Gegenteil. Denn er wollte mir sagen, dass ihn seine Mama damit ins Gesicht geschlagen habe. Anschließend hat er einen anderen Jungen gefragt, ob seine Mama auch so böse sei. Dieser hatte mit „Ja“ geantwortet. Auch er kam eines Tages mit unheimlich vielen Beulen auf dem Kopf, Kratzern im Gesicht und blauen Flecken am Körper in den Kindergarten – nachdem er sowieso schon mehr als eine Woche nicht erschienen ist. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie er vorher ausgesehen haben mag. Auf die Frage hin, wer ihm das angetan habe, sagte er seine Schwester. Seine Schwester ist fünf Jahre alt. Im weiteren Gespräch hat sich herausgestellt, dass es der betrunkene Freund seiner Mutter gewesen ist. Gewalt scheint jedoch für viele Frauen kein Trennungsgrund zu sein. Nicht selten sieht man Frauen mit Hämatomen, ausgeschlagenen Zähnen oder blutigen Wunden in Gesicht und Körper. Ich weiß nicht was es genau ist, was sie an ihren gewalttätigen Partnern hält. Hinsichtlich dessen erfahren sie jedoch jegliche Unterstützung in unserem Projekt.
Auch erlebt man Ehepartner, die
ihre Kinder betrunken abholen kommen. Oder Kinder, die sich wehren mit ihren
Müttern nach Hause zu gehen. Was passiert nur mit einem Kind, das nach dem
Kindergarten nicht mit seiner Mama nach Haus gehen will?! Hinsichtlich dessen
fühlt man sich oft sehr machtlos. Gewalt kommt auch in anderen Formen vor. Die Kinder
sind oft verwahrlost, sind nicht gewaschen, tragen dreckige Kleidung und werden
nicht gewickelt, so dass sie in ihrem Genitalbereich wund sind. Natürlich
ergeht es nicht allen Kindern so, das darf man nicht vergessen. Immer wieder
wird mir bewusst, wie wichtig solche Projekte wie unsere sind. Es gibt so viele
Projekte, die verschiedene Klientel unterstützen, aber dennoch gibt es
unzählige Menschen, denen nicht geholfen werden kann oder die sich nicht helfen
lassen wollen.